Robert Joseph, der wortgewandte Autor des Business Portals “Meininger’s International”, überraschte uns unlängst mit einer Analogie zwischen Wein und Luxuskarossen.
Rolls Royce wie Süßigkeiten neben der Kassentheke
“Stellen Sie sich für einen Moment vor, Sie würden gebeten Rolls-Royce-Automobile zu verkaufen – als Auftrag für eine Fernsehsendung wie „The Apprentice“. Wie würden Sie das angehen”, fragt der frühere Korrespondent des britischen Sunday Telegraph spitzbübisch.
“Würden Sie einen Stand auf einer Luxusautomesse buchen? Oder doch lieber wie Rolls Royce vorgehen? Markenverantwortliche des Luxuswagenherstellers präsentieren ihre Fahrzeuge z.B. auf Events, bei denen Privatjets ausgestellt und zum Verkauf angeboten werden. Das ist so, als würde man die mondänen Karossen wie Süßigkeiten neben die Kassentheke stellen.”
Der Kaufpreis ist immer relativ
Es gibt zwei interessante Aspekte der Rolls-Royce-Strategie. Da ist zunächst der Preis. Luxusmarken wissen, dass eine der besten Möglichkeiten, z.B. eine Handtasche im Wert von 5.000 US-Dollar zu verkaufen, darin besteht, sie neben eine andere zu stellen, die 25.000 US-Dollar kostet.
Wechselnder Kontext, um Konkurrenten außen vor zu lassen
„Rekontextualisierung“ wäre eine weitere Möglichkeit: ein Produkt oder eine Dienstleistung in einen anderen, unerwarteten Kontext stellen. Die Präsentation eines Fahrzeugs auf einer Automesse – oder eines Weines auf einer Weinmesse – hat den Vorteil, dass jeder Anwesende ein möglicher Kunde ist. Es hat aber auch den Nachteil, dass der Besucher zugleich viele Wettbewerber sieht. Alle buhlen um den Zugang zu einer Brieftasche. Warum also nicht auf einer Messe für Privatjets als einzige Automarke auftreten…
Irrational: Impulskäufe
Die Trennung eines Produkts von Wettbewerbern kann irrationalen Impulskäufen förderlich sein. So gibt es z.B. Weine, die mit (wesentlich teureren) antiken Uhren, Haute Couture oder 50.000-Dollar-HiFi Anlagen angeboten werden. Warum also nicht einen Luxuswagen auf einer Messe für Privatjets feilbieten? Dort erschiene der Roll Royce wie ein Sonderangebot, welches man – ruck zuck – wahrnehmen möchte.
Niemand muss Luxus kaufen: von Sehnsüchten und Neugierde
Die Unterschiede zwischen Luxusautos und Weinflaschen sind offensichtlich, so der Autor Robert Joseph: Interessanter ist, was sie verbindet. Niemand MUSS eines dieser Produkte kaufen. Berichten zufolge fährt Jeff Bezos einen Honda Accord und Ingvar Kamprad, Gründer von IKEA, fuhr lange Zeit einen Volvo von 1993. Die Charaktere in ‘Succession’ mögen den teuren Napa Cabernet umwerfend finden, aber viele echte Milliardäre trinken überhaupt keinen Wein.
Aufgrund mangelnder Notwendigkeit werden weder Autos noch Wein rational gekauft. Der Kaufprozess ist emotional – wie aus fast jeder Autowerbung ersichtlich. Wenn Sie Zugang zum Gehirn der Käufer hätten, stießen Sie auf eine komplexe Mischung aus persönlichen Vorlieben und Vorurteilen, Erinnerungen, Sehnsüchten, Unsicherheit und Neugierde…
Originaltext (Englisch), Autor: Robert Joseph
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