Teil 2 des Interviews mit dem Automobilhersteller Erich Bitter auf der IAA 2019. ((Teil 1/ Teil 2 / Teil 3 / Teil 4 / Teil 5)
„(…) zurück im Styling-Center von Opel fragte ich nach einem Bild des damals neuen Opel Diplomat, um mich mit meiner Skizze an dessen Proportionen zu orientieren.
Die zeitlos elegante Form des „Bitter CD“, die dabei herauskam, ist perfekt!
Ja, aber es blieb eine Herausforderung an einen richtigen Vertrag mit Opel zu kommen. Der Wille, die Love-Story „CD” mit Leben zu füllen war da, aber ich brauchte eine schriftliche Bestätigung, dass ich die Diplomat-Technik nutzen darf. Jetzt traten die Juristen auf den Plan. Opel hätte gerne mitgemacht, aber GM musste ebenfalls zustimmen. Das gab ein großes Hick-Hack.
Sie sind quasi in die Zwickmühle zwischen Opel und GM geraten?
Ja, es hängt ja sehr viel an Haftungs-Fragen und möglichen Regress-Ansprüchen. Was wird wo befestigt? Was passiert, wenn etwas abbricht usw. Alles Fragen, die sich die Italiener niemals stellten (lächelt). Italiener bauen bildschöne Autos – Hau-Ruck – ob der Wagen aber zuverlässig läuft, der Scheibenwischer geht oder die Batterie rausfällt… das interessierte damals nicht (schmunzelt). Formschön waren die italienischen Autos alle, z.B. Bizzarrini und Rivolta. Die Nutzbarkeit stand nicht im Vordergrund. Ich wollte aber beides.
Was sagte Carlo Abarth zu Ihrem Vorhaben?
“Das wirst Du niemals schaffen”, sagte Carlo. Er wusste aus seiner jahrelangen Arbeit mit Fiat wie schwierig es war beides zu vereinen, eine formschöne Kleinserie, die zuverlässig läuft. Naja, jedenfalls waren jetzt einige Fachleute im Opel-Design-Center mit meiner Skizze beschäftigt. Es war eine irre Hilfestellung seitens der Rüsselsheimer. Ab und zu habe ich geguckt, ob das so wird wie ich mir das denke. Die wissen dort natürlich genau was sie machen.
Wer hatte die legendäre Form des Bitter CD erfunden?
Es war eine Team-Arbeit. Viele haben geholfen. Ich kam immer eilig vorbei, da ich ja zu dieser Zeit auch noch Rennen fuhr, meckerte z.B. über den Bürzel (der dann wieder verschwand) und hoffte, dass das ursprüngliche Konzept von meiner Skizze nicht verwässert wird. Jeder Beteiligte wollte natürlich SEIN Auto bauen …
Viele Köche verderben den Brei?
Ja, aber ich war halt der Chef-Koch (lächelt) und hatte quasi die große Mütze auf. Ich habe meine Ziele jedoch stets sehr höflich durchgesetzt.
Was hat die Rüsselsheimer an der Idee begeistert? Warum war Opel so kooperativ?
Bob Lutz wusste, wie ich natürlich auch, dass man als Sales Manager keine Nieten auf dem Hof haben will. Er erkannte, dass es für seine 2.000 Opel-Händler vorteilhaft sein könnte, solch ein schönes Auto in ihrem Verkaufsraum stehen zu haben. Und zwar eines, mit dem man dank Serientechnik keinen Ärger hat und das nicht viel kostet. Ich war ja gewillt, das Produktionsrisiko selbst zu tragen.
War der Bitter CD als Image-Träger geplant?
Ja, Image ist wichtig. Das Projekt war verlockend für Opel. Ich hatte aber Selbstzweifel was meinen Namen betraf. Den “Bitter” klingt nicht so elegant wie z.B. Peter Monteverdi… Obwohl, (überlegt kurz), der würfelte seine Kleinserien technisch auch bloß zusammen.
(zurück zu Teil 1 Bitter CD Pläne wurden mit Glas Wein besiegelt
Teil 2 Carlo Abarth zweifelt am Gelingen
Teil 3 Porsche zu Bitter: Schreib’ Deinen Namen drauf
Teil 4 Wie Paul Breitner den Bitter CD rettete
Teil 5 Schwarze Witwe begründet Männer-Freundschaft
Hintergrund: ClassicPodCars-Gründer Oli Kemmann und Frank Schulz führten auf der IAA 2019 ein Interview mit dem umtriebigen Erich Bitter (86). Auszüge daraus werden auf sleeping-beauties.de in mehreren Teilen veröffentlicht, dem non-profit Motorkultur-Portal. Wir danken RetroMotion für die Realisierung des Interviewtermins. Das gesamte Interview können Sie auch kostenlos bei ClassicPodCars als Audio-Datei (1,23”) anhören (Messe-Atmo).